
Die Welt braucht mehr Narren, und ich möchte einer davon sein.
Mein Name ist Jörg Meier und ich bin der Gründer von Fool’s Lab.
Das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bern – dem später noch ein erfolgreich abgeschlossenes Doktoratsstudium folgte – hat mich vor vielen Jahren aus den Bündner Bergen weg nach Bern gezogen, dem ersten von mehreren Wohn- und Arbeitsorten, die mich im Laufe der Jahre kreuz und quer durch die Schweiz und auch einmal über die Landesgrenze hinaus geführt haben. Ich habe als Unternehmensberater für Technologie- und Innovationsmanagement gearbeitet und bin seit über 20 Jahren im Hochschulbereich tätig, als Dozent, Forscher, Projekt- und Studiengangsleiter und im Hochschulmanagment.
Meine Tätigkeitsfelder waren und sind Personalmanagement, Qualitätsmanagement, Wissensmanagement und ganz besonders Innovationsmanagement. Letzteres begeistert mich schon seit meinem Studium, dem auch gleich eine Anstellung als wissenschaftlicher Assistent an einem der ersten universitären Lehrstühle für Innovationsmanagement im deutschsprachigen Raum folgte. Im Lauf der Jahre hat sich mein Fokus immer stärker auf die Kreativität als zentrales Element des Innovationsmanagements ausgerichtet, und die theoretische Auseinandersetzung wurde mit praktischem Anschauungsmaterial ergänzt: In über 20 Jahren Berufstätigkeit habe ich viele kreative Menschen getroffen und unkreative, kreative Organisationen kennengelernt und unkreative, kreative Räume erlebt und unkreative. Die aus diesem Unterschied resultierenden Folgen waren jeweils im Positiven wie im Negativen unübersehbar. Mein Wunsch, mich noch intensiver mit Kreativität auseinanderzusetzen und entsprechendes Wissen nicht nur zu schaffen, sondern auch weiterzugeben und für mich und andere nutzbar zu machen, haben zur Gründung von Fool’s Lab geführt, einem Thinktank für die Kreativität von Mensch, Organisation und Raum.
Und warum ein Narr?
Während Jahrhunderten hatte der Narr an den Höfen von Kaisern und Königen, Sultanen und Päpsten eine besondere Rolle. Nicht nur war er für die Belustigung und Unterhaltung des Herrschers und seines Hofstaats mit Hilfe von Geschichten und Wortspielen, mit Gesang, Musik und Akrobatik verantwortlich, sondern oft erreichte er wegen seiner Nähe zum Gebieter und besonders wegen seiner sprichwörtlichen Narrenfreiheit eine zusätzliche Funktion über diejenige des Spassmachers hinaus: die Funktion eines Beraters und eines Vertrauten, der es wagen durfte, Sachen zu denken und auszusprechen, die für jeden anderen am Hof unvorstellbar gewesen wären, dem Adressaten aber wertvolle kritische Informationen übermitteln konnten.
Lange, nachdem der Hofnarr die Bildfläche verlassen hat, wünschen sich heute viele wieder mehr närrisches Verhalten zurück: Hans A. Wüthrich, Wolfgang Winter und Andreas F. Philipp beispielsweise plädieren für die Rückkehr des Hofnarren, Fritz Maywald entdeckt den Narren für das Management, David Firth und Alan Leigh werben für die Funktion des Corporate Fool – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Heutige «Herrscher» sollen ihr Umfeld wieder mit (mindestens einem) Hofnarren bereichern oder selbst mehr Narr werden, so die Forderung. Oft wird in gewissen heutigen betriebswirtschaftlichen Funktionen auch schon «hofnärrisches Potenzial» erkannt, etwa bei HR-Mitarbeitenden oder Revisoren.
Tatsächlich dürfte die erneute Verbreitung von Hofnarren im 21. Jahrhundert noch nicht so weit fortgeschritten sein, wie es sich zumindest die genannten Autor:innen erhofft haben: Zum einen sind bittere Wahrheiten – selbst wenn berechtigt und von grossem Nutzen – immer unangenehm, so dass sich viele Entscheidungsträger:innen damit schwer tun, sich jemanden ins Haus zu holen, der genau solche aussprechen soll. Zum anderen ist das Wirken selbst als lizenzierter Hofnarr auch nicht immer ein Zuckerschlecken, sondern ein bisweilen anstrengender Tanz auf Messers Schneide, zwischen zu wenig und zu viel Wahrheit. Sowohl die Nachfrage nach wie auch das Angebot an Hofnarren halten sich somit eher noch zurück. Jede:r zusätzliche kann daher ein Gewinn sein, und ich möchte einer davon sein.
Quellen:
Firth, David / Leigh, Alan: The Corporate Fool, o.O. 1998/2010
Maywald, Fritz: Der Narr und das Management. Leistungssteigerung im Unternehmen zwischen Shareholder Value und sozialer Verantwortung, München 2003
Puhani, Silvia: Der Revisor als moderner Hofnarr. In: Risk, Compliance & Audit, Heft 03/2012, S. 41-46
Sender, Anna / Mormann, Hannah / Bruederlin, Gery: «Von Hofnarren können wir eine Menge lernen». HR als Herausforderer und Kritiker des Managements. In: personalSCHWEIZ, September 2021, S. 29-31
Wüthrich, Hans A. / Winter, Wolfgang / Philipp, Andreas F.: Die Rückkehr des Hofnarren - Einladung zur Reflexion nicht nur für Manager! Herrsching am Ammersee 2001